20.04.07: Mordanklage – Sechs Morde „zum Wohle der schwerkranken Patienten“: Prozessauftakt gegen ehemalige Krankenschwester der Berliner Charité

20.04.07: Mordanklage – Sechs Morde „zum Wohle der schwerkranken Patienten“: Prozessauftakt gegen ehemalige Krankenschwester der Berliner Charité

Im Oktober 2006 gestand eine 54-jährige Krankenschwester der Berliner Charité, zwei Patienten „aus Mitleid“ getötet zu haben und erregte damit bundesweites Aufsehen. Am 18. April 2007 begann nun vor dem Berliner Landgericht der Prozess gegen Irene B.. Mittlerweile werden ihr von der Staatsanwaltschaft insgesamt sechs Morde und zwei Mordversuche an schwer herzkranken Patienten aus „heimtückischen und niederen Beweggründen“ vorgeworfen, die sie in der Zeit von Juni 2005 bis Oktober 2006 verübt haben soll. Dabei soll die ehemalige Krankenschwester fünf Männern und einer Frau eine Überdosis Blutdruck senkender Mittel verabreicht haben.

Zahlreichen Medienberichten zufolge gab die Angeklagte bereits am ersten der vier angesetzten Verhandlungstage zu, vier Patienten getötet zu haben. Jedoch habe sie letztlich „zum Wohle der schwerkranken Patienten“ gehandelt und bittet die Angehörigen der Toten um Vergebung, habe sie verlauten lassen. Abschließend habe sie selbst gesagt, sie bedauere, mit ihrer Hand „in das Schicksal von Menschen eingegriffen“ zu haben.

Effektiver Schutz von Schwerstkranken und Sterbenden notwendig

Zum Prozessauftakt forderte die Deutsche Hospiz Stiftung in einer Pressemitteilung vom 18.04.07, angesichts der sich häufenden Fälle von Tötungsdelikten in Krankenhäusern und Pflegeheimen müssten sowohl die Einrichtungen wie auch der Gesetzgeber nun endlich handeln, um für einen effektiven Schutz von Schwerstkranken und Sterbenden zu sorgen. Einzelfälle dürften dabei nicht den Blick auf den Gesamtzusammenhang verstellen. Selbst Ärzte verweisen laut dem Geschäftsführer der Deutsche Hospiz Stiftung, Brysch, immer wieder auf Mängel im Versorgungsalltag. Sie könnten die Verabreichung von Medikamenten nur grob nach Plausibilität überprüfen und hätten kaum Kontrollmöglichkeiten, wenn Pflegepersonal ohne Anweisung Narkotika verabreicht.

„Wir dürfen in unseren Pflegeheimen und Krankenhäusern keine Kultur des Wegschauens dulden. Um Fällen wie dem der Charité-Schwester vorzubeugen, brauchen wir stattdessen eine Kultur des Hinschauens“, forderte Brysch. Die Deutsche Hospiz Stiftung begrüße daher ausdrücklich, dass die Charité aus den furchtbaren Vorfällen die Konsequenzen gezogen hat, die Supervision auszubauen und ein anonymes Frühwarnsystem zu installieren. Zugleich dürfe in solchen Fällen nicht allein der Täter zur Verantwortung gezogen werden. Es müssten auch die Träger im Interesse des Opfer- und Verbraucherschutzes für ihre Dienstleistungen haftbar gemacht werden. Er forderte daher vom Gesetzgeber, ein Dienstleistungshaftungs-Gesetz für Pflegeheime und Krankenhäuser auf den Weg zu bringen.

Weitere Informationen:

Nach oben