17.05.18: Nach Gerichtsurteil: Bislang 104 Anträge auf Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung gestellt
Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion
Am 25.04.18 hat die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Thema war: „Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung und strafrechtliche Bewertung der Sterbehilfe“. Seit 11.05.18 liegt die Antwort der Bundesregierung vor (Drucksache 19/2090).
Demnach sind seit dem 2. März 2017 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 104 Anträge auf Erlaubnis zum Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung gestellt worden. Bisher sei keine solche Erlaubnis erteilt oder versagt worden. Von den insgesamt 104 Antragstellerinnen und Antragsteller seien zwischenzeitlich 20 verstorben, so die Bundesregierung.
Zum Hintergund der Kleinen Anfrage
Hintergrund der Anfrage ist das Urteil des Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vom 2. März 2017. Das Gericht hatte demnach entschieden, der Staat dürfe in einem „extremen Einzelfall“ den Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehren, das dem Patienten eine würdige und schmerzlose Selbsttötung ermögliche. Die Bundesregierung betonte in der Antwort, dass auch nach Auffassung des BVerwG der Erwerb von Betäubungsmitteln zum Zweck der Selbsttötung grundsätzlich nicht erlaubnisfähig sei, abgesehen von dieser extremen Notlage.
Voraussetzung für eine solche Notlage sei, dass eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung stehe. Von einer solchen Möglichkeit könne in der Regel dann ausgegangen werden, wenn der Betroffene sein Leben durch einen palliativ-medizinisch begleiteten Abbruch lebenserhaltender oder -verlängernder Behandlungen beenden könne. So zum Beispiel durch Abschalten des Beatmungsgeräts oder Einstellen der künstlichen Ernährung.
Die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung sei in Deutschland verboten. Mit Blick auf diese Werteentscheidung des Bundestages sei es aus Sicht der Bundesregierung nicht vertretbar, auf die Inanspruchnahme eines solchen Angebotes in einem anderen Staat, dessen Rechtsordnung eine andere Bewertung vornimmt, zu verweisen.
Beratungen der Bundesregierung zu rechtlichen und tatsächlichen Schlussfolgerungen aus der BVerwG-Entscheidung noch nicht abgeschlossen
Zu zahlreichen Fragen bezüglich der rechtlichen und tatsächlichen Schlussfolgerungen aus der Entscheidung des BVerwG seien die Beratungen der Bundesregierung hierüber unter Berücksichtigung des Mitte Januar diesen Jahres vorgelegten Rechtsgutachtens von Herrn Prof. Dr. Di Fabio noch nicht abgeschlossen.
Auf die Frage, ob die Bundesregierung plant, den § 217 StGB erneut zu reformieren, heißt es klar: „§ 217 StGB wurde aus der Mitte des Deutschen Bundestages heraus initiiert. Planungen für eine Überarbeitung sind nicht bekannt.“
Des Weiteren wollten die FDP-Abgeordneten wissen, wie viele Strafverfahren es nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Inkrafttreten des § 217 StGB in seiner derzeitigen Fassung gab, in denen nach der Vorschrift angeklagt wurde und wie häufig nach § 217 StGB verurteilt wurden. Die Bundesregierung führte dazu aus, dass es nach Angaben der Landesjustizverwaltungen bis Ende des Jahres 2017 keine Strafverfahren gab, in denen Anklage wegen des Verdachts der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung gemäß § 217 StGB erhoben wurde und damit auch keine Verurteilung.
Abschließend fragten die Liberalen nach belastbaren Zahlen, wie viele deutsche Staatsbürger einen assistierten Suizid im europäischen Ausland vornehmen, um ein tödliches Medikament zu erhalten. Hierzu lagen der Bundesregierung jedoch keine Erkenntnisse vor.
Weitere Informationen:
Rechtmäßigkeit des Erwerbs von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung und strafrechtliche Bewertung der Sterbehilfe
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Dr. Wieland Schinnenburg, Katrin Helling-Plahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/1860 – inkl. Fragetext
Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Drucksache 19/2090, 11.05.2018 (8 Seiten im PDF-Format)