08.02.06: Schweiz: Bundesamt für Justiz sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf bei Sterbehilfe
In der Schweiz können Sterbehilfeorganisationen wie Exit oder Dignitas weiterhin ohne Überwachung aktiv sein. Dies geht aus einem am 6. Februar 2006 veröffentlichten provisorischen Bericht des Schweizer Bundesamtes für Justiz hervor. Die Juristen des Bundes sehen in dem Papier keine Notwendigkeit für neue Gesetzeshürden und lehnten es darin ab, Sterbehilfeorganisationen einer staatlichen Aufsicht und damit auch gewissen Sorgfaltskriterien zu unterstellen.
Nach Ansicht der Verfasser biete das geltende Recht genügend Handhabe, um Missbräuche zu vermeiden. Dabei werden insbesondere die Kantone und Gemeinden dazu aufgefordert, das geltende Recht konsequent durchzusetzen sowie in den Heimen und Spitälern für entsprechende Erlasse zu sorgen. Eine Aufsicht über die Sterbehilfeorganisationen hätte laut Bericht eine unverhältnismäßige Bürokratie zur Folge. Zudem würde dies zu einer eigentlichen Institutionalisierung solcher Aktivitäten führen.
Kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf beim „Sterbetourismus“ aus dem Ausland
Auch beim so genannten „Sterbetourismus“ aus dem Ausland sehen die Juristen keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, „auch wenn das Phänomen für das Ansehen der Schweiz ein Problem darstellt“. Dies sei Folge der im internationalen Vergleich liberalen Regelung der Sudizidhilfe. In der Schweiz ist die Suizidhilfe gesetzlich zugelassen, sofern sie ohne selbstsüchtige Motive geleistet wird. Ebenfalls nichts geändert werden soll laut Bundesamt für Justiz bei der Regelung der indirekten aktiven und der passiven Sterbehilfe. Tätig werden könnte der Bund dagegen bei der Palliative-Care-Versorgung, damit Menschen in Würde leben und sterben dürfen, so das Bundesamt.
Der provisorische Bericht wird nun noch überarbeitet und nach Genehmigung des Bundesrates, der Schweizer Regierung, der Öffentlichkeit vorgestellt. In ersten Stellungnahmen auf die Vorabveröffentlichung im Internet zur Diskussion löste der Bericht kontroverse Reaktionen aus.
Immer mehr Niederländer reisen in eine „Selbstmordklinik“ in der Schweiz
Unterdessen meldete das „Deutsche Ärzteblatt“ in der Online-Ausgabe vom 6. Februar 2006 unter Berufung auf die niederländische Tageszeitung „Algemeen Dagblad“, dass immer mehr Niederländer in eine „Selbstmordklinik“ in der Schweiz reisen, obwohl in den Niederlanden Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen legal ist. Dem Bericht zufolge sei in den vergangenen drei Jahren die Zahl der Niederländer, die mit der Züricher Klinik so genannte „Euthanasieverträge“ abschlossen, von zwei auf 150 gestiegen.
Niederländische Ärzte seien nach Expertenaussagen zunehmend zurückhaltend, wenn sie von unheilbar Kranken mit unerträglichen Schmerzen um Hilfe zur Beendigung des Lebens gebeten werden. Sie und nutzten eher die Möglichkeit, die Schmerzen der Kranken durch palliative Sedierung zu lindern. Eine zunehmende Zahl von Niederländern traue dieser Behandlung jedoch nicht. Sie zahle lieber der Schweizer Klinik jährliche Beträge, um dort auf Wunsch Hilfe zur Selbsttötung zu erhalten, so das „Deutsche Ärzteblatt“.
Weitere Informationen:
Dossier zur Sterbehilfe in der Schweiz
(Dort gibt es auch den Bericht)
Bundesamt für Justiz, Schweiz 06.02.06