10.03.09: Assistierter Suizid: Ethikrat-Mitglied Jochen Taupitz fordert Ärzte zur Suizidbeihilfe auf

10.03.09: Assistierter Suizid: Ethikrat-Mitglied Jochen Taupitz fordert Ärzte zur Suizidbeihilfe auf

Der Mannheimer Medizinrechtler Jochen Taupitz, Mitglied des Deutschen Ethikrates, hat in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ am 08.03.09 Ärzte aufgefordert, als Suizidhelfer tätig zu werden. Ärzte seien für diese Aufgabe besonders gut qualifiziert, da sie wüssten, wie man Medikamente richtig dosiert. Menschen mit schweren körperlichen Leiden hätten gute Gründe, aus dem Leben zu scheiden, erklärte Taupitz. Nichts sei schlimmer als ein misslungener Suizid, so das Ethikrat-Mitglied zur Begründung für den Vorschlag. Aus juristischer Sicht spreche nichts gegen eine Unterstützung durch Ärzte, da Suizid und Beihilfe zum Suizid nicht strafbar seien. Auch im Berufsrecht gebe es „keine Regel, die den Ärzten die Suizidhilfe verbietet“.

Bundesärztekammer-Präsident: Assistierter Suizid widerspricht dem ärztlichen Ethos

Scharfe Kritik an der Forderung des Medizinrechtlers, das ärztliche Tätigkeitsfeld um die sogenannte Suizidbeihilfe zu erweitern, übte der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Dr. Frank-Ulrich Montgomery. „Assistierter Suizid widerspricht dem ärztlichen Ethos. Kranke Menschen haben einen Anspruch darauf, dass Ärzte ihnen in ihrer Not beistehen und ihr Leiden lindern. Assistierter Suizid aber ist keine ärztliche Aufgabe und darf es auch nicht werden. Wir wollen nicht, dass Ärzte sich an der Tötung von Menschen beteiligen – auch nicht als Gehilfen“, kritisierte er in einer Pressemitteilung vom 08.03.09.

Taupitz bestreite mit Recht, dass es einen Zwang zum Leben gebe, befürworte aber zugleich eine Art Automatismus zum Tod. „Taupitz‘ Überlegungen kommen einer Pflicht zum Sterben gleich, wenn er sagt, dass ein Demenzkranker, der in gesunden Zeiten in einer Patientenverfügung einen Therapieverzicht festgelegt hat, auch dann nicht mehr behandelt werden darf, wenn er – bei offensichtlichem Wohlbefinden – an einer behandelbaren Komplikation erkrankt. Zumal sich der Demenzkranke gegen einen solchen Zwang zum Sterben dann auch nicht mehr wehren kann“, so der stellvertretende Ärztekammerpräsident.

„Auch die leichtfertige Behauptung von Taupitz, dass es besser sei, selbstbestimmt zu früh in den Tod zu gehen als fremdbestimmt ewig zu leben, ist mit den Grundsätzen der ärztlichen Ethik unvereinbar und wohl eher juristischer Selbstgefälligkeit geschuldet, die die Skrupel des Lebensmüden auf die Fragen von Selbst- oder Fremdbestimmung allein reduziert“, sagte Montgomery. „Jeder Suizidversuch, jeder Wunsch nach einem Suizid sei immer auch ein Hilfeschrei. Da muss man handeln und helfen und nicht einfach technokratisch die vermeintliche Forderung nach Selbstbestimmung vollziehen. Denn Ärzte sind Heiler und Helfer und keine Mechaniker des Todes“, betonte Montgomery.

Weitere Informationen:

  • Renommierter Rechtsprofessor will Ärzte zu Suizidhelfern machen
    Von Caroline Schmidt
    Die Politik streitet noch, inwieweit das Selbstbestimmungsrecht von Patienten respektiert werden muss, da bricht der Medizinrechtler Jochen Taupitz ein Tabu. Ärzte sollten Suizidhelfer werden, fordert er im SPIEGEL-Gespräch – er sehe da keine juristischen Probleme.
    SPIEGEL Online 08.03.09

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