10.04.09: Urteil des Schweizer Bundesgerichts: Niederlage für Sterbehilfeorganisation Dignitas
Die Sterbehilfe-Organisation Dignitas hat vor dem Schweizer Bundesgericht eine herbe Niederlage einstecken müssen. Konkret wollte Dignitas für einen Sterbewilligen die ärztlich verschriebene Dosis eines bestimmten Schlafmittels, das in hohen Dosen zur Lähmung des Atemzentrums und zum Tod durch Ersticken führt, selbst in der Apotheke abholen, anschließend aufbewahren und dem Betroffenen verabreichen. Zudem verlangten die Sterbehelfer eine Reserve, falls der Patient das Mittel bei seinem Suizidversuch erbrechen oder verschütten sollte.
Die nationale Arzneimittelbehörde Swissmedic hatte dies jedoch abgelehnt. Hiergegen hatte Dignitas Beschwerde vor Gericht eingelegt und war damit bereits im Oktober letzten Jahres beim Bundesverwaltungsgericht abgeblitzt. Die Bundesrichter in Lausanne bestätigten nun in einem am 8. April 2009 veröffentlichten Urteil die Entscheidung von Swissmedic. Demnach bleibt es Dignitas verboten, das Schlafmittel zur Suizidhilfe zu beziehen, zu verwenden und aufzubewahren.
Zur Begründung des Gerichtsurteils gegen Dignitas
Dignitas hatte bei seiner Beschwerde auf das schweizerische Betäubungsmittelgesetz verwiesen. Dieses erlaubt dem Roten Kreuz und ähnlichen Institutionen den Besitz von größeren Mengen an Betäubungsmitteln aus humanitären Gründen. Dies z.B. zur Versorgung Verletzter in einem Katastrophenfall. Nach Ansicht der Richter könne die Suizidhilfe diesen Aktivitäten jedoch nicht gleichgestellt werden. Die Suizidhilfe diene nicht im allgemeinen Interesse dem Erhalt des Lebens, sondern im Gegenteil dessen Beendigung aufgrund eines individuellen Wertentscheids im Einzelfall, heißt es in der Urteilsbegründung.
Zudem finde die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Inland statt. Es könne nicht gesagt werden, dass er als privatrechtlicher Verein über das nötige Fachpersonal verfügen würde, um den missbrauchsfreien Einsatz des Schlafmittels sicherstellen zu können. Bei der Freitodbegleitung liege schließlich auch keine Notsituation vor, welche eine Ausnahme-Bewilligung im Sinne des Betäubungsmittelsgesetzes erforderlich machen würde. Abschließend wiesen die Richter auf die noch laufende politische Debatte über die Aktivitäten von Dignitas hin, wozu im eidgenössischen Parlament Vorstöße anhängig seien.
Deutsche Hospiz Stiftung erfreut über das Urteil
Die Deutsche Hospiz Stiftung zeigte sich erfreut über das Urteil. Die höchstrichterliche Entscheidung sei „ein Schlag ins Kontor von Ludwig A. Minelli“, erklärte der Geschäftsführer der Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, in einer Pressemitteilung vom 09.04.09. Dabei habe das Gericht es noch sehr höflich formuliert, als es seine Befürchtung ausdrückte, dass nicht sicher gestellt werden könne, dass Dignitas über das nötige qualifizierte Fachpersonal verfüge, um den missbrauchsfreien Einsatz des Mittels zu garantieren.
„Klar muss sein: Bei Dignitas arbeiten Dilettanten, die Menschen in kargen Wohnungen oder gar auf Parkplätzen beim Suizid unterstützen. Es ist nur zu begrüßen, dass Dignitas immer mehr unter Druck gerät“, sagte Brysch. Er bekräftigte zudem die Forderung der Deutschen Hospiz Stiftung nach einem gesetzlichen Verbot der geschäftsmäßigen Beihilfe zum Suizid, um „Schweizer Verhältnisse“ abzuwenden und kaum kontrollierbare Grauzonen zu verhindern.