29.01.10: NS-Opfer-Gedenktag am 27. Januar: Lebenshilfe und Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten fordern umfassende Opfer-Entschädigung

1939 unterzeichnete Hitler den „Euthanasie-Erlass“, eine extrem verharmlosende Bezeichnung für den Massenmord an behinderten und kranken Menschen. Er hatte die Unterschrift auf den 1. September datiert, um den Vernichtungskrieg nach innen und außen zeitgleich beginnen zu lassen. Zum 27. Januar 2010, dem Gedenktag der Opfer des Nazi-Regimes, forderte die Bundesvereinigung Lebenshilfe, dass endlich auch zwangssterilisierte sowie ermordete kranke und behinderte Menschen von der Politik als Opfer wahrgenommen werden. Die Kranzniederlegung durch den Bundesbehindertenbeauftragten Hubert Hüppe in der Berliner Tiergartenstraße 4 an diesem Tag sei ein Anfang, heißt es in einer Presseerklärung der Lebenshilfe.

„Aber wie Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und politische Gegner haben auch die Euthanasie-Opfer und ihre Familien einen würdigen nationalen Gedenkort und entsprechende Entschädigung verdient“, so der Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Robert Antretter. Bisher existiere lediglich eine unscheinbare Gedenkplatte in der Tiergartenstraße 4. Dort war damals die Zentrale für die Leitung des Massenmords an behinderten Menschen, der unter dem verschleiernden Namen „T4-Aktion“ verübt wurde.

Fehlende Anerkennung und Entschädigung der Opfer

Auch die „Arbeitsgemeinschaft Bund der „Euthanasie“-Geschädigte und Zwangssterilisierten (BEZ)“, ehemals bekannt unter dem Namen Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten e.V. (BEZ), fordert seit der Vereinsgründung 1987 eine Anerkennung und Entschädigung der Opfer.

Im Mai 2007 habe nach längerer Bundestagsdebatte zwar endlich die Rehabilitation der Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten erreicht werden können, d. h. sie von dem Stigma zu befreien, in der NS-Zeit als „lebensunwert“ gegolten zu haben und durch das rassistische Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses verfolgt worden zu sein. Dennoch wurden die Opfer bis heute nicht bzw. nur zum kleinen Teil entschädigt. Daher will die Organisation, die sich nach der Vereinsauflösung zum 31. Dezember letzten Jahres in eine Arbeitsgemeinschaft umgewandelt hat, weiter für die Opfer kämpfen und die Erinnerung an das erlittene Unrecht wach halten.

Mittlerweile gibt es dazu vom BEZ seit Ende letzten Jahres auch eine eigene Internetseite, die zahlreiche Hintergrundinformationen zum Thema und zum Verlauf der bisherigen Debatte liefert. Es ist zu befürchten, dass sich die Frage der Entschädigung nach Ansicht von Margret Hamm, ehemals Geschäftsführerin des BEZ, spätestens in 10 Jahren lösen wird. Dann, wenn alle bereits jetzt schon hochbetagten Opfer verstorben sind und es damit niemanden mehr zu entschädigen gibt.

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