15.12.12: Expertenanhörung im Bundestags-Rechtsausschuss zum Gesetzentwurf zur Strafbarkeit gewerbsmäßiger Suizidhilfe

Am 12. Dezember 2012 veranstaltete der Rechtsausschuss im Deutschen Bundestag eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Strafbarkeit gewerbsmäßiger Suizidhilfe. Geladen waren neun Expertinnen und Experten, die aus unterschiedlichsten Perspektiven dazu Stellungnahmen abgaben.

Sachverständige waren Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, PD Dr. Rainer Freynhagen vom DEAA Zentrum für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin in Tutzing, Dr. Jürgen Peter Graf, Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Dr. Gina Greeve vom Deutschen Anwaltverein, Dr. jur. Marlis Hübner als Vertreterin der Bundesärztekammer und Prof. Dr. Henning Rosenau von der Universität Augsburg.

Weiters Prof. Dr. Frank Saliger von der Bucerius Law School, Hochschule für Rechtswissenschaft Lehrstuhl Strafrecht II, Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie, Prof. Dr. iur. Kyrill-Alexander Schwarz von der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg sowie Prof. Dr. Rosemarie Will von der Humboldt-Universität zu Berlin, Juristische Fakultät, Richterin am Verfassungsgericht Brandenburg a. D. und Mitglied des Bundesvorstandes der Humanistischen Union e.V.

Kontroverse Expertenmeinungen

Wie die Pressestelle des Bundestages berichtete, gingen bei der Anhörung die Bewertungen des Gesetzentwurfs weit auseinander. Sie reichten von der durch die Bundesärztekammer erhobenen Forderung, jede Form der organisierten Hilfe bei der Selbsttötung unter Strafe zu stellen bis hin zu der von der Humanistischen Union geforderten Ablehnung der Bestrafung von gewerbsmäßiger Suizidbeihilfe.

Im Entwurf der Bundesregierung ist die Schaffung eines Straftatbestandes in Paragraf 217 des Strafgesetzbuches vorgesehen. Danach droht für die gewerbsmäßige Suizidhilfe eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Angehörige und den Suizidwilligen nahestehende Personen sollen hingegen von der Strafandrohung ausgenommen werden, wenn sie lediglich als nicht gewerbsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligt sind. Kritikern geht die Regelung jedoch nicht weit genug. So hatten zuletzt auch die Delegierten des CDU-Bundesparteitages in Hannover ein umfassenderes Verbot und eine Überarbeitung des Gesetzentwurfs gefordert (siehe das Themenspecial vom 08.12.2012).

Juristen-Vereinigung Lebensrecht e. V. kritisiert parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfs

In einem Schreiben an den CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Volker Kauder hat unterdessen der Vorsitzende der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e. V. (JVL), Bernward Büchner, die parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfs scharf kritisiert. Büchner äußerte sich laut Pressemitteilung des JVL in dem Schreiben darüber „entsetzt und fassungslos“, wie dieser Gesetzentwurf im Bundestag „durchgepeitscht“ werden soll.

„Am 29. November 2012 erfolgte in Form einer Nacht- und Nebelaktion innerhalb von Minuten die erste Lesung und nach der Weihnachtspause soll das Gesetz bereits Ende Januar verabschiedet werden.“ Dieses Schnellverfahren in einer Angelegenheit von Leben und Tod sei „eines demokratischen Rechtsstaats absolut unwürdig.“ Der JVL-Vorsitzende appellierte deshalb an Kauder, für eine dem Ernst dieses Themas angemessene Behandlung im Parlament zu sorgen. Dazu gehöre selbstverständlich auch, dass für Abstimmungen über diese den Schutz der Menschenwürde und des Lebens betreffende Materie sich ein Fraktionszwang verbiete.

Sterbehilfe wird der Weg geebnet

„Der Gesetzentwurf der Bundesregierung gibt vor, die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung strafrechtlich verbieten zu wollen, die es in Deutschland jedoch gar nicht gibt. In Wirklichkeit läuft der Entwurf darauf hinaus, der Sterbehilfe den Weg zu ebnen“, kritisierte Büchner. Abgeordnete, die sich dem christlichen Menschenbild verpflichtet wissen, könnten dem niemals zustimmen. Büchner erwartet deshalb von den Unionsabgeordneten, dass sie „zu einer solchen Legalisierung der Sterbehilfe klar und eindeutig nein sagen und dies auch mit einem entsprechenden Alternativentwurf zum Ausdruck bringen.“

Eine besondere Gefahr für das menschliche Leben, welcher der Staat aufgrund seiner Schutzpflicht wirksam begegnen müsse, geht nach Auffassung der Juristen-Vereinigung Lebensrecht nicht nur von einer gewerbsmäßigen, sondern von jeder organisierten Beihilfe zur Selbsttötung aus. Deshalb habe die Vereinigung bereits im Juni ein strafrechtliches Verbot zumindest einer solchen Form der Beihilfe gefordert, abgesehen vom standesrechtlichen Verbot des ärztlich assistierten Suizids.

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