28.01.12: Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar: Behindertenbeauftragter fordert mehr Aufklärung und Information über Hintergründe der Massenmorde an behinderten und psychisch erkrankten Menschen

Anlässlich des Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2012 hat der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, mehr Aufklärung und Information über die Hintergründe der Massenmorde an behinderten und psychisch erkrankten Menschen gefordert.

„Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen waren die ersten Opfer des verbrecherischen NS-Regimes. Sie wurden systematisch erfasst, zu Forschungszwecken missbraucht und zwangssterilisiert. In den Gaskammern der Nazis wurde an ihnen ausprobiert, was später millionenfach wiederholt wurde“, betonte Hüppe bei der von ihm ausgerichteten Gedenkveranstaltung in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Planung und Organisation der Massenmorde an behinderten und psychisch erkrankten Menschen gingen von der Zentrale der sogenannten „Aktion T4“ in der Tiergartenstraße 4 in Berlin aus.

Zeichen gegen das Vergessen

„Hier am Ort der Täter in der Tiergartenstraße 4 in Berlin muss ein starkes Zeichen gegen das Vergessen hunderttausendfachen Mordes an behinderten und psychisch erkrankten Menschen gesetzt werden. Die geplante Gedenk- und Informationsstätte muss vor allem junge Menschen über die Nazi-Gräueltaten aufklären, damit eine menschenverachtende Ideologie, die Menschen nach lebenswert und lebensunwert selektiert, in Deutschland nie wieder Raum greift“, verdeutlichte der Behindertenbeauftragte.

Er sei froh, dass der Deutsche Bundestag im letzten Jahr beschlossen hat, den bestehenden Gedenkort mit einem Denkmal in der Tiergartenstraße 4 aufzuwerten. Es soll nach dem Beschluss eine würdige Gedenk- und Informationsstätte geschaffen werden, so Hüppe vor rund 200 Teilnehmern von Opfer- und Betroffenenorganisationen, zahlreichen Abgeordneten des Deutschen Bundestages und weiteren Gästen.

Mit dem Beschluss sei auch eine zentrale Forderung aufgegriffen worden, die auf den seit 2010 jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltungen des Behindertenbeauftragten genannt wurde. Hüppe begrüßte außerdem den Beschluss des Deutschen Bundestages im vergangenen Jahr, behinderte und psychisch erkrankte Opfer von Zwangssterilisation während der NS-Zeit gegenüber anderen Opfergruppen gleichermaßen zu entschädigen.

Impuls aus der Behindertenrechtskonvention nutzen

Auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe erinnerte mit Kranzniederlegungen und Gedenkveranstaltungen bundesweit an die Opfer der grausamen T4-Aktion der Nationalsozialisten. Mehr als 300.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen wurden im Dritten Reich im Rahmen der T4-Aktion getötet. Gegen die Menschenverachtung im Dritten Reich setzt die Bundesvereinigung das selbstverständliche Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung. „Eine Gesellschaft, die alle ihre Mitglieder in ihrer Unterschiedlichkeit achtet und wertschätzt, trägt ein menschliches Antlitz und schützt vor Aussonderung“, heißt es in einer Presseaussendung vom 27.01.12.

„Mit dem Menschenrechtsdokument der Vereinten Nationen, der Behindertenrechtskonvention, wird das Wächteramt der Lebenshilfe wirksam unterstützt. Wichtig im Gedenken ist der Blick in eine Zukunft, in der Kinder selbstverständlich miteinander aufwachsen, unabhängig davon, ob sie behindert sind oder nicht“, erklärte Robert Antretter, Bundesvorsitzender der Lebenshilfe.

So fordert die Bundesvereinigung Lebenshilfe nachdrücklich dazu auf, den Impuls aus der Behindertenrechtskonvention zu nutzen. Das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung müsse gestärkt werden, wozu sich die Bundesregierung 2009 mit der Ratifikation der Konvention für Deutschland verpflichtet hat.

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