29.08.12: Grundsatzpapier: Deutscher Hospiz- und PalliativVerband und Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin fordern adäquate Hospiz- und Palliativversorgung in Pflegeeinrichtungen

Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) haben am 27. August 2012 ihr Grundsatzpapier „Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen im hohen Lebensalter in Pflegeeinrichtungen“ veröffentlicht. Darin fordern die beiden Organisationen eine adäquate Hospiz- und Palliativversorgung für hochbetagte schwerstkranke und sterbende Menschen in Pflegeeinrichtungen.

„Die weiter wachsende Zahl hoch betagter Menschen stellt unsere Gesellschaft vor eine der größten Herausforderungen. Viele von ihnen werden auch zukünftig in Pflegeheimen betreut werden. Sie alle haben ein Recht darauf, in Würde zu leben und zu sterben. Darauf müssen nicht nur die Pflegeheime reagieren, auch Selbstverwaltung, Bund, Länder und Kommunen müssen die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung schaffen,“ erklärte Dr. Birgit Weihrauch, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands, zur Vorstellung des Grundsatzpapiers.

„Zu einer würdevollen Betreuung am Lebensende in Pflegeheimen gehören die Behandlung und Linderung von Schmerzen und weiteren körperlichen Symptomen, die umfassende palliativpflegerische Versorgung sowie die psychosoziale und spirituelle Begleitung. Wir müssen Bewohner und ihre Angehörigen mit ihren Sorgen und Ängsten in den Pflegeheimen ernst nehmen und ihnen alle Möglichkeiten der Unterstützung und Entlastung bieten. Der alte Mensch muss im Pflegeheim im Mittelpunkt stehen“, mahnte Prof. Dr. Friedemann Nauck, Präsident der DGP, ergänzend dazu.

Anforderungen an die Pflegeheime

Rund 2,4 Millionen Menschen sind nach Angaben der Verbände in Deutschland pflegebedürftig, im Jahr 2030 werden es schätzungsweise 3,5 Millionen sein. Eine zunehmende Anzahl alter Menschen lebt am Ende des Lebens in einer von derzeit rund 11.600 stationären Pflegeeinrichtungen und stirbt auch dort. Aufgrund dieser Entwicklung haben DHPV und DGP eine „radikal bewohnerorientierte“ Stellungnahme entwickelt mit dem Ziel, konkrete Anforderungen an die Pflegeheime zu benennen.

Die beiden Verbände fordern, dass die Begleitung, Pflege und Behandlung sterbender Menschen und ihrer Angehörigen als eine der wichtigsten Säulen der Arbeit von Pflegeeinrichtungen anerkannt werden und im Sinne von Hospizkultur und Palliativkompetenz in die grundlegende Philosophie der Einrichtungen integriert wird. „Um dies zu erreichen, müssen Strategien und Rahmenbedingungen entwickelt werden, um die personellen und finanziellen Voraussetzungen in den Heimen zu schaffen“, so Meike Schwermann (DGP), Sprecherin der gemeinsamen Arbeitgruppe der Verbände. „Wir müssen die Pflegeheime bei der Umsetzung unterstützen, indem wir dafür Sorge tragen, dass sie in die vernetzte Versorgung sterbender und schwerstkranker Menschen eingebunden werden“, ergänzte Gerda Graf (DHPV), ebenfalls Sprecherin.

DHPV und DGP boten auf der Pressekonferenz an, zusammen mit den Bundesverbänden der Träger von Altenpflegeeinrichtungen ihre Expertise in die politische Diskussion einzubringen. Sie halten es für dringend erforderlich, gemeinsam mit der Gesundheits- und Familienpolitik der Bundesregierung sowie den Organisationen und Institutionen des selbstverwalteten Gesundheitssystems die konzeptionellen Grundlagen für die notwendige Weiterentwicklung der Strukturen im Gesundheitswesen einschließlich der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu entwickeln. Das Grundsatzpapier und der Forderungskatalog sind auf der Internetseite der Verbände abrufbar

Hospizkultur in Pflegeheimen scheitert an finanziellen Benachteiligungen

Kritik an dem vorgestellten Grundsatzpapier der Hospiz- und Palliativverbände kam vom Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. „Hospizkultur in Pflegeheimen bleibt ein frommer Wunsch, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen nicht stimmen. Während die Sozialkassen für Bewohner im Hospiz 6000 Euro jeden Monat zur Verfügung stellen, sind es für den gleichen Patienten im Pflegeheim nur 1300 Euro. Ebenso werden Pflegeheimbewohner weiter benachteiligt, da wegen der Rahmenvereinbarung zwischen den Leistungserbringern Hospiz und Krankenkassen den 700.000 Pflegebedürftigen ein Übergang praktisch ausgeschlossen ist. Ohne die Zustimmung des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands wäre eine solche Rahmenvereinbarung gar nicht möglich gewesen“, kritisierte Brysch in einer Presseaussendung vom 28.08.12.

Die Patientenschützer fordern die Verbände auf, daran mitzuwirken, die finanzielle Benachteiligung von Patienten in Pflegeheimen zu beenden. „Auch bei der schmerztherapeutischen Versorgung wird die Ungleichbehandlung zementiert. Die Palliativverbände sollten für eine patientenunabhängige Bevorratung mit Schmerzmitteln eintreten“, so Brysch abschließend.

Ergänzende Informationen:

  • Stationäre Altenpflege
    Gemeinsame Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) und des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV) zur Hospizkultur und Palliativversorgung in stationären Einrichtungen der Altenhilfe
     
  • Endstation Altenheim – auch ein Abschied von der Selbstbestimmung
    Oliver Tolmein
    Das Altersheim ist für viele Menschen die Endstation – und es ist keine Endstation, die man sich wünscht.
    FAZ.NET Blog Biopolitik 28.08.12

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