06.10.06: Appell „Für ein Leben bis zuletzt“: Hospizvereinigung warnt vor Legalisierung von Patientenverfügungen

06.10.06: Appell „Für ein Leben bis zuletzt“ – Hospizvereinigung warnt vor Legalisierung von Patientenverfügungen

Zum Welthospiztag am 7. Oktober hat die Hospizvereinigung „OMEGA – Mit dem Sterben leben e.V.“ und die bioethik-kritische Organisation „BioSkop e.V.“, mit einem Aufruf die Kampagne „Leben bis zuletzt – mit Menschen statt Papieren“ gestartet. Kern des Aufrufs ist die Selbstverpflichtung von Hospizen, vorformulierte Patientenverfügungen, die tödliche Therapie- und Versorgungsabbrüche bei einwilligungsunfähigen Menschen einfordern, weder anzuerkennen noch zu verbreiten. Gleichzeitig werden Bundestag und Bundesregierung aufgefordert, Patientenverfügungen nicht wie geplant rechtsverbindlich zu machen. Dies teilten die beiden Organisationen in einer gemeinsamen Presseaussendung am 06.10.06 mit.

„Die Botschaften von Patientenverfügungen sind mit den Grundsätzen hospizlicher Begleitung unvereinbar“, begründete die OMEGA-Vorsitzende Inge Kunz den Vorstoß. Patientenverfügungen leisten nach Ansicht der Initiatoren Vorschub für einen gefährlichen Perspektivenwechsel. „Wir haben immer positiv gefragt, was die Schwerstkranken an medizinischer, pflegerischer Unterstützung möchten“, betonte Kunz. „Heute dagegen sollen wir uns mehr damit beschäftigen, was Menschen alles nicht mehr möchten – im Zeichen knapper Kassen.“ Erfahrungen aktiver Hospizler würden zeigen, dass sich bei guter Betreuung und sozialem Einsatz mit dem Sterben leben lässt. Omega-Vorsitzende Kunz forderte daher eine angemessene medizinische, pflegerische und finanzielle Unterstützung sterbender Menschen, ob zu Hause, im Hospiz, im Krankenhaus oder Pflegeheim.

Gesellschaftliche Risiken und Nebenwirkungen schriftlicher Behandlungsverzichtserklärungen

Vor gesellschaftlichen Risiken und Nebenwirkungen schriftlicher Behandlungsverzichtserklärungen warnte die Sozialwissenschaftlerin und Geschäftsführerin von BioSkop, Erika Feyerabend. „Patientenverfügungsbroschüren legen nahe, schon ein Leben in Pflegebedürftigkeit als nicht mehr ‚lebenswert‘ anzusehen. Sie verleiten dazu, medizinische Behandlungen und Ernährung bereits außerhalb der Sterbephase abzuwählen. Das kommt einer Selbstentwertung gleich und steht unseren Bemühungen entgegen, Menschen in ihrer letzten Lebensphase zu ermutigen.“ Dabei lasse sich in der Praxis überhaupt nicht vorhersehen und selbstbestimmt entscheiden, was Patientenverfügungen suggerieren: Dass man sich in gesunden Tagen wirklich vorstellen kann, wie man im Koma, mit Demenz oder in der Sterbephase leben und fühlen wird, so Feyerabend.

Der Aufruf „Leben bis zuletzt – mit Menschen statt Papieren“ enthält eine Selbstverpflichtung. Darin werden Hospizmitarbeiter und -mitarbeiterinnen gebeten, vorformulierte Patientenverfügungen weder zu verbreiten noch zu bewerben oder als Richtschnur für Sterbebegleitung anzuerkennen. „Wir setzen uns gegen Euthanasie-Tendenzen ein. Unkritisches Werben für Patientenverfügungen und Vorsorgepakete gefährdet dieses Ziel“, erläuterte Kunz.

Diese Gefahr sieht auch Bioskop-Sprecherin Feyerabend: „Wer den Todeszeitpunkt festlegen und den Tod durch Behandlungsabbruch verordnen oder nachfragen will, droht die schiefe Ebene zur aktiven Sterbehilfe hinunter zu rutschen.“ Kunz und Feyerabend hoffen, dass zahlreiche Organisationen und Menschen, nachdenkliche Politiker eingeschlossen, den Appell aktiv unterstützen werden.

Weitere Informationen zum Appell „Leben bis zuletzt“:

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