12.10.08: Welthospiztag 2008: Deutschland bleibt ein Entwicklungsland

12.10.08: Welthospiztag 2008: Deutschland bleibt ein Entwicklungsland

Anlässlich des Welthospiztag 2008 am 11. Oktober und des Deutschen Hospiztages am 14. Oktober 2008 zog der Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, eine ernüchternde Bilanz. Es bestehe kein Anlass, an diesem Tag vermeintliche Erfolge aufzuzählen. „Vielmehr gilt es, sich der anstehenden Aufgaben bewusst zu werden. Denn auch nach über 25 Jahren Hospizbewegung in Deutschland ist die Bilanz ernüchternd. Nur 6,2 Prozent der Sterbenden erhalten eine ehrenamtliche hospizliche Begleitung, 6,3 Prozent eine professionelle Palliative-Care-Versorgung. Das ist völlig unzureichend, Deutschland bleibt auf diesem Gebiet ein Entwicklungsland“, erklärte Brysch in einer Pressemitteilung vom 10. Oktober 2008.

Dass in den vergangenen Jahren mehr stationäre Hospize und ambulante Hospizdienste entstanden sind und dass sich Zehntausende ehrenamtlich engagieren, verdiene Anerkennung, beseitige aber das Problem nicht, stellte Brysch klar. Daher brauche es eine grundsätzliche Lösung. Der Schlüssel dazu sei „Hospiz“ als das zu begreifen, was es wirklich bedeutet, „nämlich kein bestimmtes Haus, sondern ein umfassendes Konzept“, so Brysch. Um Sterbenden und Schwerstkranken ihre Last zu erleichtern, müssten schmerzlindernde Behandlung und psychosoziale Betreuung Hand in Hand gehen. „Dieses Konzept darf nicht auf einzelne Orte beschränkt bleiben, sondern muss überall dort Einzug erhalten, wo Menschen sterben – egal ob das zu Hause, in einem Pflegeheim oder einem Krankenhaus ist“, erklärte Brysch.

Bedarf fünfmal so groß wie das derzeitige Angebot an hospizlicher Begleitung bzw. palliative Versorgung

In Deutschland sterben jährlich rund 820.000 Menschen. Etwa 60 Prozent von ihnen benötigen hospizliche Begleitung beziehungsweise palliative Versorgung, so die Deutsche Hospiz Stiftung. Der Bedarf sei also fünfmal so groß wie das derzeitige Angebot. „Diese Lücke verletzt die Menschenrechte der Schwerstkranken und Sterbenden. Sie kann nur geschlossen werden, wenn das Konzept „Hospiz“ in alle bestehenden Einrichtungen unseres Gesundheitssystems getragen wird“, mahnte Brysch.

Die Malteser-Trägergesellschaft in Köln kritisierte anlässlich des Hospiztages, die Förderbeträge für ambulante Hospizdienste seien bei ihnen und auch bei anderen dramatisch eingebrochen. „Damit ist ehrenamtliche Hospizarbeit nicht mehr verlässlich durch öffentliche Gelder gefördert“, so Elisabeth Freifrau Spies, Generaloberin und Vizepräsidentin der Malteser, in einer Pressemitteilung vom 06.10.08. Hauptgrund der mangelnden Förderung sei die seit April 2007 geltende Gesetzesänderung, nach der auch Begleitungen in Einrichtungen der stationären Altenhilfe angerechnet werden, doch zugleich die Gesamtförderungssumme gedeckelt ist.

„Obwohl die Malteser sowohl die Zahl der Ehrenamtlichen als auch die Zahl der Begleitungen Sterbender und Trauernder in 2007 deutlich gesteigert haben, bekommen wir jetzt bis zu 38 Prozent weniger Geld pro Begleitung“, betonte Spies. In 40 Hospizdiensten der Malteser fehlen daher im Vergleich zum Vorjahr mehrere Tausend Euro. Insbesondere kleinere Dienste seien daher vermehrt auf Spenden angewiesen oder in ihrer Existenz bedroht. Spies bedauerte besonders, dass durch diese Entwicklung das Zusammenspiel zwischen hauptamtlicher Koordination und ehrenamtlicher Begleitung, das sich in den letzten Jahren bewährt habe, plötzlich in Frage stehe.

Gemeinsam mit dem Deutschen Hospiz- und Palliativ Verband e.V. setzen sich die Malteser daher für eine Gesetzesänderung ein, damit ehrenamtlich geprägte ambulante Hospizarbeit planbar wird. „Ziel muss sein, dass sich ein Mehr an Sterbebegleitungen und qualifizierten Ehrenamtlichen in der Fördersumme niederschlägt. Wir wollen als Gesellschaft mit der Hospizarbeit und Palliativmedizin Euthanasiebestrebungen ehrenamtlich und mit professionellen Strukturen entgegen treten“, so Spies.

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