13.04.08: Gesetzentwurf für Verbot von Suizidhilfe-Organisationen im Bundesrat
Bayern und Baden-Württemberg haben einen neuen Versuch gestartet und am 11.04.08 in den Rechtsausschuss des Bundesrates einen weiteren Gesetzentwurf für ein Verbot von Suizidhilfe-Organisationen eingebracht. Hintergrund des Vorstoßes sind die aktuellen Ereignisse in Zusammenhang mit Dignitas und dem ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch, der vor kurzem einen „Sterbehilfe-Automaten“ vorstellte (siehe unten).
Die Deutsche Hospiz Stiftung begrüßte das Vorhaben der beiden Bundesländer. „Es war längst überfällig, dieses seit zwei Jahren bereits im Bundesrat vorliegende Thema endlich wieder anzugehen“, erklärte der Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, in einer Pressemitteilung. Der gemeinsame Entwurf von Bayern und Baden-Württemberg sei laut Brysch eine Weiterentwicklung des Gesetzesvorschlags von Saarland, Hessen und Thüringen für ein Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von assistiertem Suizid vom April 2006.
Gesetzentwurf aus Bayern und Baden-Württemberg ist schärfer
Der nun vorgelegte Entwurf aus Bayern und Baden-Württemberg sei schärfer. „Nicht erst die konkrete Vermittlung von assistiertem Suizid soll strafbar sein, sondern bereits das Vorhaben, eine solche Organisation zu gründen“, erklärte Brysch. Damit setze der neue Entwurf sehr viel früher an. Ebenso sehe der Entwurf vor, auch beteiligte „Rädelsführer“ und eine solche Suizid-Organisation unterstützende „Hintermänner“ zu bestrafen.
„Der Entwurf schafft es, sowohl Aktivitäten ausländischer Suizid-Organisationen in Deutschland als auch inländischer, wie die eines ehemaligen Politikers aus Hamburg zu unterbinden“, erläuterte Brysch. Jetzt komme es darauf an, dass der Bundesrat die Gesetzentwürfe in den Bundestag einbringt.
„Die Bundestagsabgeordneten müssen dann entscheiden, auf welcher Seite sie stehen. Wenn sie sich für die Schwerstkranken und Sterbenden entscheiden, kann es nur ein Votum geben: die kommerzialisierte, menschenverachtende Suizidvermittlung strafrechtlich zu verbieten“, erklärte Brysch. Dass die auch in dieser Frage mehrdeutige FDP mit dem Baden-Württembergischen Justizminister Ulrich Goll und die CSU mit der Bayerischen Justizministerin Beate Merk diesen Entwurf gemeinsam einbringt, lasse hoffen.
Sterbehelfer kündigen Widerstand gegen Gesetzentwurf für Verbot von Suizidhilfe-Organisationen an
Dr. Uwe Christian Arnold, der stellvertretende Vorsitzende von Dignitate, dem deutschen Ableger der Schweizer Sterbehilfe Organisation Dignitas, kündigte Pressemeldungen zufolge bereits gerichtliche Schritte gegen das Gesetz an, sollte dies tatsächlich umgesetzt werden.
Der ehemalige Hamburger Justizsenator, Dr. Roger Kusch, der vergangene Woche mit der Vorstellung eines Selbsttötungsapparates für Furore sorgte, nannte den Gesetzentwurf „reine Wahlkampftaktik“ vor der anstehenden Landtagswahl in Bayern ohne jeglichen Sinn.
Ergänzende Informationen:
Themenspecial vom 06.04.08: Hamburger Ex-Justizsenator Roger Kusch stellt Selbsttötungsautomat vor.
Pressemeldungen zur Debatte über ein Verbot von Suizidhilfe-Organisationen:
Polizei muss Kusch und die Tötungsmaschine stoppen
Der SPD-Justizpolitiker Rolf-Dieter Klooß hat die Hamburger Polizei aufgefordert, mithilfe des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes mögliche Straftaten des Sterbehilfebefürworters und ehemaligen CDU-Justizsenators Roger Kusch zu unterbinden.
HAMBURGER ABENDBLATT 14.04.08
Sterbehilfe: SPD fordert Gefährderansprache der Polizei gegenüber Kusch
Klooß: Polizei muss mit Sicherheits- und Ordnungsgesetz Sterbehilfe unterbinden
Der SPD-Justizpolitiker Rolf-Dieter Klooß hat die Hamburger Polizei aufgefordert, mit Hilfe des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG) mögliche Straftaten des Sterbehilfebefürworters und ehemaligen CDU-Justizsenators Roger Kusch zu unterbinden.
PRESSEMITTEILUNG SPD Bürgerschaftsfraktion Hamburg 13.04.08
Tötungsmaschine: Unerträgliche Selbstinszenierung
Klinkhammer, Gisela
„Das Gerät ist ab sofort einsatzfähig“, sagte der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch bei der Vorstellung seines Injektionsautomaten in Hamburg.
Deutsches Ärzteblatt 2008; 105(15) 11.04.08
Geschäfte mit dem Suizid verbieten?
Die Politik streitet über ein Verbot von Vereinen für Sterbehilfe
WELT Online 10.04.08
FDP-Diskussion: Das Dilemma der Politik beim Thema Sterbehilfe
Von Matthias Kamann
Die Politik steckt beim Thema Sterbehilfe im Dilemma. Einerseits will sie organisierte Sterbehilfe verbieten, andererseits aber im Einzelfall nicht verteufeln. Der US-Staat Oregon hat eine eigene Regelung gefunden, die jetzt auch für Deutschland diskutiert wird.
WELT Online 09.04.08
Strafrecht ist der falsche Weg im Umgang mit schwerstkranken Menschen
Die FDP-Bundestagsfraktion lehnt ein strafrechtliches Verbot für die Gründung von Sterbehilfeorganisationen ab.
PRESSEMITTEILUNG Sabine Leutheusser-Schnarrenberger MdB, FDP 09.04.08
Deutsche Hospiz Stiftung begrüßt Gesetzentwurf von Bayern und Baden-Württemberg für ein Verbot von Suizid-Organisationen
PRESSEMITTEILUNG Deutsche Hospiz Stiftung 08.04.08
Hoppe fordert gesetzliche Schritte gegen ‚Selbsttötungsindustrie‘
Die meisten schwerkranken Patienten wollen Beistand, bessere ärztliche Betreuung und Schmerztherapie, sagt der Präsident der Bundesärztekammer.
KATH.NET 08.04.08
„Unsere Gesetzeslage respektiert den Selbstmord“
Die ehemalige Justizministerin Däubler-Gmelin über Todkranke, Dignitas – und Geschmacklosigkeiten.
Hertha Däubler-Gmelin ist Schirmherrin der Deutschen Hospizbewegung und Bundestagsmitglied der SPD.
TAGESSPIEGEL 07.04.08