02.10.08: Sterbehelfer Kusch: Erneut Suizidbegleitung einer Seniorin

02.10.08: Sterbehelfer Kusch: Erneut Suizidbegleitung einer Seniorin

Der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch hat nach eigenen Angaben am 30. September 2008 erneut eine ältere Frau beim Suizid „begleitet“. Dabei sei sie „eigenverantwortlich“ aus dem Leben geschieden. Wie Kusch auf seiner eigens für seine „Dienste“ eingerichteten Webseite ausführte, handelte es sich um die 84-jährige Inge I., die seit 1994 in einem Hamburger Altenwohnheim lebte.

Auf der Webseite und auf der Internetvideoplattform Youtube stellte Kusch ein Videomitschnitt eines Gespräches, das er am 12. September 2008 mit ihr geführt hatte. Darin erklärte die Frau, sie habe „Angst davor, hilflos zu werden“, nachdem sie am 11. August 2008 bereits einen Schlaganfall erlitten hatte und dies sich wiederholen könne. Sie habe jedoch auch „innerlich mit dem Leben abgeschlossen“. Im Video wirkte die Frau rege und energisch. Sie selbst fühle sich nach dem Schlaganfall jedoch „uralt, als ein Methusalem“. Ersten Kontakt mit Kusch habe sie bereits Mitte April per Mail gehabt, ein erster Besuch Kuschs sei Anfang Mai erfolgt.

Ob Kusch diesmal 8000,- Euro für seine „Dienstleistung“ kassiert hat, wie auf seiner Webseite unter dem Menüpunkt „Kosten“ angegeben, ist nicht bekannt (siehe das Themenspecial vom 06.09.08 unten). Nach eigenem Bekunden nehme er jedoch „grundsätzlich“ diesen Betrag, in Einzelfällen aber auch weniger. Ebenso wurde bislang nicht bekannt, worin die „Dienstleistung“ Kuschs im Fall von Inge I. bestand. Die Staatsanwaltschaft habe Medienberichten zufolge Ermittlungen aufgenommen, jedoch gegen keine konkrete Person. Auch die Ergebnisse der Obduktion zur Ermittlung der Todesursache stehen noch aus. Laut Bericht im Hamburger Abendblatt vom 02.10.08 habe die Frau nach Aussage von Kusch einen Medikamentencocktail eingenommen. Er habe dann den Raum verlassen, als er das Gefühl hatte, sie werde ins Koma fallen. Ihren Tod dokumentierte er zu seiner Absicherung auf Video.

Sterbehilfe auch für nicht unheilbar Kranke

Kusch hatte bereits Anfang Juli für Schlagzeilen gesorgt, als er in einer eigens anberaumten Pressekonferenz bekannt gab, eine 79-jährige Frau aus Würzburg auf deren Wunsch beim Suizid begleitet zu haben. Die Frau war jedoch weder unheilbar krank, noch litt sie unter permanenten Schmerzen, sondern hatte nach eigener Aussage lediglich Angst vor dem Pflegeheim. Daher wollte sie ihr Leben selbst beenden. (Siehe das Themenspecial vom 05.07.08 unten)

Der Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, übte in einer Pressemitteilung vom 1. Oktober scharfe Kritik an Roger Kusch und der Politik. Der selbsternannte Sterbehelfer betreibe „ein narzisstisches Spiel, das durch die Untätigkeit der Politik erst möglich gemacht wird“. Die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe müsse nun endlich unter Strafe gestellt werden. „So lange das nicht passiert, müssen wir täglich damit rechnen, dass ein Selbstdarsteller wie Kusch die Angst der Menschen vor Pflege missbraucht, nur um in zynischster Art und Weise die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf seine Person zu lenken“, so Brysch. Versuche mehrerer Bundesländer im Bundesrat, ein Verbot der kommerziellen und organisierten Suizidhilfe zu erlassen, waren bislang gescheitert.

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