28.06.09: Umfrage zu Patientenverfügungen: Sieben von zehn Deutschen wollen lieber Angehörige entscheiden lassen
Die meisten Deutschen verzichten offenbar auf eine Patientenverfügung und vertrauen ihrem Umfeld, oder haben sich einfach noch nicht mit dem Thema beschäftigt. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen GfK-Umfrage unter 1.973 Personen ab 14 Jahren im Auftrag der „Apotheken Umschau“. Mit einer Patientenverfügung soll dem Arzt der Wille eines Patienten vermittelt werden, der sich zur Frage seiner medizinischen Behandlung nicht mehr selbst äußern kann.
Ergebnisse der Umfrage zu Patientenverfügungen
Wie das Blatt in einer Presseaussendung am 26.06.09 mitteilte, haben mehr als acht von zehn Deutschen, d.h. 82,2 Prozent, bisher keine solche Verfügung verfasst. Nach den Gründen dafür befragt, sagten von diesen 86,2 Prozent, dass sie im Ernstfall auf ihre Angehörigen vertrauen. Gut Drei Viertel der Befragten, d.h. 75,9 Prozent, verlassen sich darauf, dass die Ärzte die richtigen Entscheidungen treffen.
Interessanterweise gaben 71,6 Prozent an, dass sie um jede Chance kämpfen wollen, dass der Schutz des eigenen Lebens in jedem Fall Vorrang hat. In den Debatten wurde vielfach angeführt, dass viele Patienten am Lebensende Angst vor einer Übertherapierung haben und sich davor mit einer Patientenverfügung schützen wollen. Offenbar ist es jedoch eher gegenteilig. Zwei von drei Befragten, d.h. 69,6 Prozent, gaben zu, dass sie sich nicht näher mit dem Thema „Leiden und Tod“ beschäftigen wollen. Zudem hegten 67,9 Prozent Zweifel daran, wie sie sich im Ernstfall wirklich entscheiden würden.
Schiedsstelle zu Patientenverfügungen
Die Deutsche Hospiz Stiftung hat unterdessen eine gebührenfreie Schiedsstelle eingerichtet, die bei Konflikten rund um Patientenverfügungen berät. Sowohl Angehörige als auch Ärzte können dort Hilfe von Experten in Anspruch nehmen, wenn die Auslegung einer Verfügung zweifelhaft ist, teilte die Stiftung in einer Presseaussendung am 23.06.09 mit. Die Schiedsstelle ist im Internet unter www.die-schiedsstelle.de und telefonisch unter 0231/ 7380730 erreichbar.
Vergangene Woche erst hatte der Deutsche Bundestag nach langjährigen Debatten eine Regelung zu Patientenverfügungen beschlossen. Künftig werden damit die Voraussetzungen von Patientenverfügungen und ihre Bindungswirkung eindeutig im Gesetz bestimmt (siehe das Themenspecial vom 18.06.2009 unten). Bisher habe hier nach Auffassung der Gesetzesinitiatoren und diverser Verbände große Unsicherheit bei den Betroffenen geherrscht.
„Das vom Bundestag verabschiedete Patientenverfügungsgesetz stellt hohe Anforderungen an Vorsorgedokumente“, erklärte Eugen Brysch, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung zur Einrichtung der Schiedsstelle. „Eine Patientenverfügung muss sich auf eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff beziehen und auf die konkrete Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Das heißt, Standardformulierungen, nach denen Menschen etwa künstliche Ernährung generell ausschließen, sind nicht ausreichend“, so Brysch. Da gleichzeitig keine individuelle Beratung beim Verfassen von Patientenverfügungen vorgeschrieben ist, werde es zu Konflikten kommen. „Bevor diese eskalieren und vor Gericht enden, bieten wir allen Beteiligten an, einen fachkundigen Blick auf die Vorsorgedokumente zu werfen. Im Streitfall werden wir jede Patientenverfügung innerhalb von zwei Werktagen genau prüfen“, verspricht Brysch.
Eindringlich wies er noch einmal auf die Bedeutung der Aufklärung hin. Nur fachkundige Beratung könne sicherstellen, dass Patientenverfügungen detailliert und konkret genug sind. „Wer unsicher ist, ob seine Patientenverfügung den Anforderungen des Gesetzes entspricht, sollte unseren 12-Punkte-Check machen“, riet Brysch. Der Patientenverfügungscheck befindet sich ebenfalls auf der Webseite der Schiedsstelle.