Symbolbild Sterbehilfe

19.01.13: Gesprächsbedarf zu Gesetzentwurf für ein Suizidhilfe-Verbot: Geplante Bundestagsentscheidung ausgesetzt

Die ursprünglich für Ende Januar geplante Bundestagsentscheidung über den Regierungsgesetzentwurf zur Strafbarkeit gewerbsmäßiger Suizidhilfe ist offenbar vorerst vom Tisch. Wie „Die Welt“ und der Berliner „Tagesspiegel“ am 17. bzw. 18. Januar 2013 berichteten, besteht bei der Unionsfraktion noch erheblicher Diskussionsbedarf. Dieser könne laut Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder noch „mehrere Wochen“ andauern. Zuerst soll intern beraten und dann das Gespräch mit dem Koalitionspartner FDP gesucht werden, hieß es. Grund ist, dass einigen Unionsabgeordneten der Gesetzentwurf aus dem Hause von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht weit genug geht.

Der Gesetzentwurf sieht vor, nur die „gewerbsmäßige“ Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen, nicht aber auch die „organisierte“ Suizidhilfe. Dies hatten in der vorangegangenen Debatte zahlreiche Verbände, Kirchen und auch Abgeordnete bemängelt. Sie kritisieren u.a., dass damit nicht bestehende Sterbehilfe-Organisationen erfasst werden und das Gesetz praktisch nutzlos sein würde. Der Gesetzesvorschlag der Bundesregierung wurde bereits Ende November in erster Lesung im Bundestag mehr oder weniger beraten und zuletzt im Rechtsausschuss am 12. Dezember kontrovers diskutiert (siehe das Themenspecial vom 15.12.12 unten). Mitte Dezember hat eine Gruppe um den CDU-Abgeordneten und Behindertenbeauftragten Hubert Hüppe nun einen eigenen, weitreichenderen Gesetzentwurf vorgelegt, der ein umfassendes Verbot vorsieht.

Ob ein Gesetz zum Verbot der Suizidhilfe noch vor den Bundestagswahlen bis September dieses Jahres zustande kommt, ist unklar. Denn die FDP-Ministerin hat bereits angedeutet, dass sie zu keinem Kompromiss bereit sei und notfalls auf ein Gesetz komplett verzichtet. Mehr dazu in den untenstehenden beiden Zeitungsberichten.

ALfA fordert Nachbesserungen am Regierungs-Gesetzentwurf

Anlässlich einer parlamentarischen Fachtagung unter dem Titel „Beihilfe zur Selbsttötung: § 217 StGB – Wer darf straffrei mitwirken?“ in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin am 17. Januar hat die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), Dr. med. Claudia Kaminski, erneut eine Korrektur des Regierungsentwurfs gefordert. „Suizidgefährdete Menschen benötigen Lebens- statt Sterbehilfe. Deshalb muss die von der Bundesregierung geplante Erweiterung des § 217 StGB nicht nur die gewerbsmäßige, sondern jede organisierte Form des Suizids unter Strafe stellen“, so Kaminski in einer Pressemitteilung vom 16.01.13.

Wer den „Wunsch“ von Menschen, sich selbst das Leben zu nehmen, als Ausdruck der Selbstbestimmung missdeutet, müsse konsequenterweise auch den Spirituosenkonsum eines Alkoholkranken als Ausdruck seiner Willensfreiheit betrachten. „Das aber ist – wie alle wissen – nicht nur falsch. Genau das Gegenteil ist der Fall: Der Spirituosenkonsum eines Alkoholkranken ist Ausdruck mangelnder Willensfreiheit. Deshalb wundert es auch nicht, dass wissenschaftliche Studien zeigen, dass es in fast allen Fällen, in denen Menschen einen Suizidversuch unternommen haben, im Nachhinein möglich ist, für den Zeitpunkt der Tat – und zwar unabhängig von deren Ergebnis – eine psychiatrische Diagnose zu stellen“, so die Ärztin.

Nach Auffassung der ALfA ist es weder mit der Würde des Menschen noch mit dem Selbstbild einer humanen und solidarischen Gesellschaft vereinbar, Menschen, die unter ihrer aktuellen Lebenssituation derart leiden, dass sie sich den Tod wünschen, darin zu unterstützen oder ihnen gar dabei zur Hand zu gehen. „Eine humane und solidarische Gesellschaft muss vielmehr bereit sein, nach Wegen zu suchen, die auch solch verzweifelten Mitmenschen wirksame Lebens- statt plumpe Sterbehilfe bieten“, bekräftigte die ALfA-Vorsitzende. Die ALfA hatte sich bereits mehrfach kritisch in die Debatte eingebracht.

Ärzte für das Leben e.V. bekräftigen Forderung nach generellem Verbot der Suizidbeihilfe

Auch die Vorsitzenden des Vereins „Ärzte für das Leben e.V.“ (ÄfdL) haben noch einmal klar Position bezogen und sich gegen den vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung ausgesprochen. „Als Ärzte für das Leben e.V., die sich in der Verantwortung für den konsequenten Schutz des Menschenlebens von seiner Zeugung bis zum natürlichen Tod und der Unantastbarkeit der Menschenwürde verpflichtet wissen, lehnen wir den von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vorgelegten Gesetzentwurf zur Beihilfe zur Selbsttötung als dringend korrekturbedürftig ab“, erklärten Prof. Paul Cullen, 1. Vorsitzender, und Dr. Erwin Grom, 2. Vorsitzender des Ärztevereins am 18.01.13 in einer Presseaussendung.

„Suizidgefährdete Mitmenschen bedürfen des ärztlichen Beistands: nach abklärender Diagnostik und Ermittlung des Todeswunsches im begleitenden Gespräch gilt es, den Patienten zum Leben zu ermutigen und in diesem Neubeginn zu begleiten. Ärztliche Aufgabe ist es, Lebenshilfe zu vermitteln. Es gilt, dem lebensmüden Mitmenschen die Hand der Solidarität zu reichen und mit ihm nach einem neuen sinnerfüllenden Leben zu suchen.“ Ärzte für das Leben e.V. fordern daher ein gesetzliches Verbot jeder Beihilfe zum Suizid.

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